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Pfingstlich !




Unser neues Buch „Jüdisch-christlicher Dialog“ ist da. Es findet grossen Anklang und konnte bei der Präsentation am 6. Mai in Würzburg an die 150 Personen anziehen. Das Sachbuch ist auf die Praxis ausgerichtet. Daher war es mir wichtig, einen Beitrag über Spiritualität darin zu platzieren. Spirituell sein bedeutet, sich im Lebensvollzug bewusst dem Spiritus Sanctus zu öffnen, sich von ihm führen und prägen zu lassen. Der Geist ist schöpferisch, wie es in Gen 1 heisst. Jüdischer Ruach und christlicher Spiritus dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden, auch nicht gegen eine sich säkular verstehende Spiritualität. Den Geist Jesu suchen, bedeutet auf jeden Fall den Geist seines Gottes suchen und dies ist der Gott Israels und der Tora. So darf der Geist Christi auch nicht gegen den Buchstaben ausgespielt werden. Jüdische wie christliche Spiritualität zeichnen sich gerade dadurch aus, dass sie je ihre Heilige Schrift geistreich auszulegen. So ist es immer eine grosse Bereicherung, wenn ich mit meinem Freund Gabriel Strenger zusammen im Sommerseminar Texte der hebräischen Bibel auslege. Und wenn ich mit der jüdischen Kollegin Amy-Jill Levine im Neuen Testament lese, gehen mir oft die Augen neu auf.

In unserem neuen Buch trage ich Früchte von diesen jahrelangen Freundschaften und Lernprozessen zusammen. Dialog wird gerade in der Freundschaft fruchtbar. Frucht 1: In einer Spiritualität des Namens Gottes, den Juden nicht aussprechen, scheint das Geheimnis auf, das jedem Sprechen innewohnt. Dabei ist nicht einmal nur die Erzählung vom brennenden Dornbusch leitend, wo Mose den Namen Gottes erfährt. Vielmehr entfaltet erst die Ausrufung von Gottes Namen über Mose im Felsspalt auf dem Sinai, wie in Ex 34 berichtet, den Namen in seiner ganzen Bedeutung. Gott ist der Ich-bin-da auch nach dem Sündenfall vor dem goldenen Stier. Gott begleitet weiterhin und vergibt, auch wenn sein Volk irdischer Potenz gehuldigt hat. Gottes Name ist Treue und Neuanfang angesichts von menschlicher Schwäche. Frucht 2: Im ersten Kapitel des Markusevangeliums tritt Jesus nicht einfach als messianischer Heiler auf. Wer das Kapitel mit jüdischen Ohren liest, stellt fest, dass an einem Schabbat ein Mann und eine Frau je geheilt werden, gleichsam exemplarisch, denn die vielen Kranken werden erst nach Schabbatende zu Jesus gebracht. Was soll das bedeuteten? Jesus befähigt durch die Heilung Mann und Frau, damit sie je Schabbat feiern und leben, damit sie je ihre liturgischen Aufgaben übernehmen können. Im Feiern des Schabbats kommt die Schöpfung zur Vollendung. Eine jüdische Spiritualität der Schöpfung und der Heiligung wird so plastisch. Der Evangelist will sie allen vermitteln, die Jesus nachfolgen.

Unser Buch hat einen eigenen Beitrag zu Gottesdienst und liturgischem Feiern. Meinerseits weise ich im Buch darauf hin, dass Pfingsten das Fest der Spiritualität par excellence ist. An Pfingsten feiert die Kirche, dass der Geist auf die jüdischen Jesusanhänger in Jerusalem herabgekommen ist. Die Apostelgeschichte berichtet im ersten Kapitel davon und berichtet im 10 Kapitel von einem „zweiten Pfingsten“. Dann auch der Geist auch auf die Nicht-Juden herab, nämlich in Cäsarea am Meer auf das Haus des Hauptmanns Cornelius. Verstehen wir diese Unterscheidung heute noch? Christinnen und Christen beziehen sich geistig auf Jerusalem. Das ist gut so. Ich selbst bin vor 13 Jahren vor Pfingsten zusammen mit meinen Kollegen zu Fuss nach Jerusalem aufgebrochen; sieben Monate Pilgern standen uns bevor. Doch aus Jerusalem dürfen wir die jüdischen Gläubigen nie vertreiben und ihnen schon gar nicht den Geist absprechen.

Angesichts der verfahrenen Lage in Israel/Palästina mit allen Kräften den Geist Gottes zu suchen. Über Differenzen hinweg im Dialog zu sein, stellt dabei eine zentrale Aufgabe dar. dia logos bedeutet durch das Wort, durch Vernunft, durch Sinn und in schöpferischem Geist gemeinsam zu handeln. Dialog ist ein ganzheitliches Geschehen der Begegnung, ein gemeinsames Ringen, um den Willen Gottes zu finden. Sein Name verspricht uns treue Begleitung dabei. Dialog ist das Gegenprogramm zu „durch Gewalt“. Angesichts der Gewaltbereitschaft auch in unserer Gesellschaft gilt es, differenziert bleiben, keine einfachen schwarz-weiss Zuschreibungen zulassen. Es gilt zu fragen, was der Geist uns sagen will und wozu er ruft, sowohl Juden wie Christen, Muslime und alle Menschen guten Willens.

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